Warum sagen wir in manchen Momenten klar „Ja“ – und in anderen mit innerem Widerstand „Nein“? Warum fühlen wir uns in bestimmten Beziehungen oder Jobs erfüllt, während andere uns auslaugen, obwohl sie äußerlich „passen“? Die Antwort liegt in unseren Werten – den tiefen inneren Überzeugungen, die unser Denken, Fühlen und Handeln unbewusst steuern. Values Clarification, also das bewusste Klären und Erkennen der eigenen Werte, ist ein kraftvoller Schlüssel zur Selbstkenntnis und Lebensgestaltung.
Was sind Werte überhaupt?
Werte sind innere Leitprinzipien, die uns Orientierung geben. Sie entstehen durch Prägung, Erfahrung und individuelle Reifung – und begleiten uns oft ein Leben lang, ohne dass wir sie bewusst benennen können. Beispiele für persönliche Werte sind: Freiheit, Sicherheit, Authentizität, Wachstum, Liebe, Kreativität, Gerechtigkeit, Klarheit, Ruhe, Erfolg, Mitgefühl, Humor oder Spiritualität.
Werte sind nicht gleich Ziele. Sie beschreiben nicht, was wir erreichen wollen, sondern wie wir leben wollen. Sie sind unser innerer Kompass – auch (und gerade) dann, wenn das Außen unklar ist.
Warum ist Values Clarification so wichtig?
Wenn wir im Einklang mit unseren Werten leben, erleben wir Sinn, Motivation und Erfüllung. Wir fühlen uns „ganz“ – auch in schwierigen Phasen. Leben wir hingegen gegen unsere Werte, entsteht innerer Konflikt, Erschöpfung oder Sinnleere.
Typische Anzeichen für ein „Werte-Missmatch“:
- Ständiges Unwohlsein im Job, ohne greifbaren Grund
- Schuldgefühle oder innere Zerrissenheit nach Entscheidungen
- Gefühl von Fremdbestimmung oder innerer Leere
- Unklarheit darüber, was „wirklich wichtig“ ist
Wie finde ich heraus, was mich wirklich antreibt?
1. Rückblick auf erfüllende Momente
Erinnere dich an Momente in deinem Leben, in denen du dich lebendig, authentisch oder „richtig“ gefühlt hast. Was war da präsent? Vielleicht war es Freiheit, Verbundenheit, Wirksamkeit, Ehrlichkeit? Diese Gefühle weisen auf deine zentralen Werte hin.
2. Klarheit durch Kontraste
Auch unangenehme Erfahrungen helfen: Wo hast du dich verbogen, verraten, leer gefühlt? Dahinter stecken oft Werte, die verletzt wurden. Beispiel: Wer sich in einem Job ständig fremdbestimmt fühlt, sehnt sich vielleicht nach Selbstbestimmung oder Sinnhaftigkeit.
3. Werte-Listen & Karten nutzen
Im Coaching werden oft Werte-Listen oder Karten mit Begriffen genutzt. Wähle intuitiv 10 Begriffe, die dich ansprechen – dann reduziere auf 5, dann auf 3. So kristallisieren sich deine Kernwerte heraus.
4. Körpergefühl beobachten
Werte sind nicht nur mentale Konstrukte – sie zeigen sich auch körperlich. Wenn du einen Wert laut aussprichst (z. B. „Ich lebe in Wahrheit“), spürst du dann Weite, Wärme, Kraft? Oder eher Enge und Unsicherheit? Dein Körper weiß, was zu dir passt.
5. Frag dich regelmäßig:
- Was ist mir in diesem Lebensbereich (Arbeit, Beziehung, Freizeit, Gesundheit) wirklich wichtig?
- Lebe ich diesen Wert aktiv – oder nur in der Vorstellung?
- Wo vernachlässige ich einen Kernwert? Was brauche ich, um ihn wieder zu integrieren?
Werte als Entscheidungshelfer
Wenn du deine Werte kennst, wird vieles klarer:
- Welche Beziehungen tun dir gut – und welche nicht?
- Welche beruflichen Wege passen zu deinem Wesen?
- Welche Ziele sind wirklich deine – und welche fremdbestimmt?
- Was brauchst du, um dich erfüllt und in deiner Kraft zu fühlen?
Ein Leben nach den eigenen Werten bedeutet nicht immer den einfachsten Weg – aber den stimmigsten. Und genau darin liegt tiefer Frieden.
Values Clarification ist keine theoretische Übung – sondern ein kraftvoller Akt der Selbstverbindung. Wer seine Werte kennt, lebt nicht mehr „irgendwie“ – sondern bewusst.
Denn Werte sind wie Wegweiser in einem dichten Wald. Sie zeigen dir nicht den ganzen Pfad – aber sie leuchten dir die Richtung. Und das genügt, um den nächsten Schritt zu gehen. In Verbundenheit mit dir selbst.