Jeder Mensch trägt eine Stimme in sich – einen inneren Erzähler, der unser Leben kommentiert, bewertet und deutet. Diese Stimme erzählt Geschichten über unsere Vergangenheit, erklärt unsere Gegenwart und prognostiziert unsere Zukunft. Sie formt unsere Identität, unser Selbstbild und unsere Erwartungen an das Leben. Doch was, wenn dieser innere Narrator uns nicht gutgesinnt ist? Was, wenn seine Geschichten uns kleinhalten, begrenzen oder schaden?
Der innere Narrator ist kein objektiver Reporter. Er ist vielmehr ein Geschichtenerzähler, der aus unseren Erfahrungen, Überzeugungen, Prägungen und Ängsten ein komplexes Narrativ spinnt. Oft übernimmt er unbemerkt die Regie – und wir beginnen, unsere inneren Geschichten für die Wahrheit zu halten.
Ein Beispiel: Wer in der Kindheit häufig das Gefühl hatte, nicht gut genug zu sein, trägt möglicherweise bis heute die Geschichte in sich: „Ich muss immer perfekt sein, sonst werde ich abgelehnt.“ Diese Erzählung beeinflusst Entscheidungen, Beziehungen und das Selbstwertgefühl – selbst dann, wenn die äußeren Umstände längst andere geworden sind.
Diese inneren Geschichten können mächtig sein – im Positiven wie im Negativen. Sie können uns antreiben, uns Hoffnung geben und Visionen erschaffen. Doch sie können uns auch lähmen, sabotieren oder immer wieder in alte Muster zurückziehen. Deshalb ist es entscheidend, sich dieser inneren Stimme bewusst zu werden: Was erzählt sie mir? Wessen Stimme höre ich da eigentlich – meine eigene, die meiner Eltern, Lehrer, Partner?
Die gute Nachricht: Geschichten lassen sich umschreiben.
Wenn du beginnst, deine inneren Narrative zu hinterfragen, entsteht Raum für neue Perspektiven. Statt „Ich bin nicht gut genug“ kannst du entdecken: „Ich wachse jeden Tag und bin bereits wertvoll, genau so wie ich bin.“ Statt „Ich darf keine Fehler machen“ darf eine neue Geschichte entstehen: „Fehler sind Wegweiser auf meinem Entwicklungsweg.“
Der innere Narrator wird nie ganz verstummen – doch du kannst lernen, ihm bewusst zuzuhören und seine Geschichten zu überprüfen. Du kannst beginnen, selbst zum Autor deines Lebens zu werden.
Fragen, die dir helfen können:
- Welche Geschichte erzähle ich mir über mich selbst – und dient sie mir?
- Woher stammt diese Erzählung? Ist sie wirklich wahr?
- Welche neue Geschichte möchte ich schreiben?
- Wie würde ich handeln, wenn ich dieser neuen Geschichte glauben würde?
Die Geschichten, die wir uns selbst erzählen, erschaffen unsere Wirklichkeit. Wenn wir sie bewusst gestalten, wird aus dem inneren Kritiker ein weiser Erzähler – einer, der uns erinnert, dass wir immer die Macht haben, unser eigenes Leben neu zu schreiben. Jeden Tag. Jede Seite. Jede Rolle.
Denn du bist nicht nur die Hauptfigur – du bist auch der Autor.